Brandenburg empfing uns an diesem Morgen mit einem Streifen Nebel über den Wiesen und dem Versprechen auf Abenteuer. Der erste Halt: ein verlassener Industriekomplex der Stadt – Stahlträger, zerschlagene Fenster, Lichtkegel zwischen rostigen Gittern. Sobald Sarah die staubigen Stufen hinaufstieg, wurde aus dem morbiden Gemäuer eine Bühne.
Oben auf der Galerie streckte sie die Arme zwischen Metallstreben aus, als wolle sie die letzten Echos vergangener Maschinen zum Leben erwecken. Das weiche Winterlicht lenkte den Blick auf fließende Formen und Kontraste – ihre hellen Haare vor rußigen Wänden, filigrane Tattoos gegen grobe Rostflächen. Jeder Schritt über die knarzenden Laufstege ließ kleine Partikel in der Luft tänzeln; ich fing sie in langen Brennweiten ein, während scharfkantige Schattenmuster ihren Körper wie ein grafisches Muster umspielten.
In einer ruhigen Ecke, wo ein geborstener Treppensockel geradeso noch stand, baute ich das Stativ auf. Durch das Display sah ich, wie Sarahs Silhouette die Linien des alten Geländers aufgriff und daraus etwas Eigenes formte – leichtfüßig, neugierig, rebellisch.
Kurswechsel: vom Lost Place aufs Wasser
Nur wenige Kilometer weiter wartet die Havel – und ein Mietboot war unser neuer Spielplatz. Die Sonne hatte inzwischen Fahrt aufgenommen; über dem Wasser glitzerte hitzeflirrende Luft, während das Ufer in spätsommerlichen Farbtönen leuchtete. Sarah schlüpfte in ein türkisfarbenes Bikini-Set.
Sie posierte lässig auf der Bugpolsterbank, ließ die Hüfte in die sanfte Kurve des Rumpfs gleiten und fing die Brise ein, die durchs Schilf strich. Das satte Blau des Bootes traf auf die warmen Goldtöne der Bäume – fast surreal, als hätte jemand ein Split-Toning-Preset direkt in die Landschaft gegossen.
Dann ihr Vorschlag: „Wie kalt ist das Wasser wohl wirklich?“ Ein fragendes Grinsen, ein kurzer Blick zu mir, und schon glitten Füße, Knie, Schultern über die Reling. Ein Augenblick Stille – Platsch! – Wasserfontänen, ein erschrockenes Juchzen, dann lautes Lachen, das zwischen Bootswänden und Weiden widerhallte. Ihre nassen Haare klebten an den Schultern, Wassertropfen funkelten wie kleine Kristalle. Während sie sich an der Taue hochzog, legte ich mich quer über den Bootsrand, suchte die perfekte Achse für den Blick über ihre Schulter zurück zum Ufer.
Die Kamera klickte im Dauerfeuer, um diesen Übergang zwischen Freiheit und kühlem Adrenalin zu erwischen: halb untergetaucht, halb im Sonnenlicht, die Augen direkt in die Linse – wach, präsent, völlig im Moment.
Abschlussakkord mit Blechschaden
Als die Sonne tiefer stand und der Wind abflaute, tuckerten wir Richtung Steg. Akku leer, Speicherkarten voll, Haut von Sonne und Wasser noch ganz warm. Zu Hause wieder angekommen, hat meine Frau mich auf ein kleines Detail aufmerksam gemacht. Eine kleine Beule im Lack. Da muss wohl wer seine Autotür an mein Wagen gestoßen haben.
Nächstes Mal parke ich vielleicht einen Meter weiter vorn. Aber nur vielleicht.